(Red.)                                                                  12/2020

Joachim Lohmann (vgl. auch den folgenden Beitrag  von Brigitte Schumann) analysiert die PISA-Daten aus dem Jahr 2018 detailliert und schlussfolgert, dass zur Bekämpfung von Bildungsungleichheit die Schulstrukturfrage gestellt werden muss, aber größtenteils von der Politik verschwiegen wird.

In dem Artikel: Der Beitrag des deutschen PISA-Berichts zur sozialen Schulselektion ist weder wissenschaftlich noch gesellschaftspolitisch verantwortungsvoll begründet er seine Schlussfolgerund. In größerer Breite und grundsätzlich entfaltet er seine Sicht auf die problematische Situation in folgendem Beitrag: Die extreme soziale Selektivität übersteht das deutsche Schulsystem nicht

Mit den folgenden Worten ruft Joachim Lohmann ( ehemaliger Kieler Stadtschulrat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Staatssekretär in Schleswig-Holstein sowie Vorsitzender der GGG – Verband der Schulen des gemeinsamen Lernens, früher: GGG – Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule) deutsche Erziehungswissenschaftler dazu auf, die selektiven Strukturen der deutschen Schulsysteme aufgrund einer genauen Betrachtung von PISA-Daten zu überdenken:

Ich bitte Sie als Erziehungswissenschaftler, helfen Sie, die Schweigespirale um das deutsche Schulsystem in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik aufzubrechen.
In Deutschland wird die soziale Diskriminierung des selektiven Schulsystems geleugnet und dies, obwohl

  • sie das internationale PISA-Konsortium 2018 Deutschland festgestellt hat,
  • es dafür die soziale Isolierung verantwortlich macht,
  • der internationale PISA-Koordinator A. Schleicher in dem selektiven Schulsystem die Hauptursache der sozialen Leistungsdivergenzen zwischen den Staaten sieht.

Trotz der extremen sozialen Diskriminierung in Deutschland greift weder das politische Establishment noch das deutsche PISA-Konsortium die Schulsystemfrage auf.
So geht das deutsche PISA-Konsortium in „PISA 2018 – Grundbildung“ nicht einmal auf das Schulsystem ein und das, obwohl

  • es die PISA-Daten der starken sozialen Leistungsbenachteiligung bestätigt,
  • keinerlei Argumente gegen die Verantwortlichkeit des Schulsystems vorbringt,
  • es damit den Zusammenhang zwischen sozialer Diskriminierung und dem Schulsystem leugnet und damit das internationale PISA-Konsortium und ihren Koordinator A. Schleicher desavouiert und
  • nur vage alternative Faktoren ins Spiel bringt, von denen keiner die sehr hohe, signifikante Korrelation zwischen sozialer Benachteiligung und Schulsystem verursacht haben kann.

Ich bitte Sie, überprüfen Sie die Vorwürfe anhand von PISA oder auch meiner beigefügten Analyse und meines Schreibens an die PISA-Autoren. Sollten Sie mir weitgehend rechtgeben, setzen Sie sich bitte im Rahmen Ihrer Forschung und Ihre Lehre und gegenüber Gesellschaft und Politik für die Reform des Schulsystems ein und helfen Sie, die Schweigespirale um das selektive deutsche Schulsystem zu durchbrechen.
Zu meiner Person: Ich war Kieler Stadtschulrat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Staatssekretär in Schleswig-Holstein sowie Vorsitzender der GGG – Verband der Schulen des gemeinsamen Lernens, früher: GGG – Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Joachim Lohmann